Elena Gombrowski

Karten, Doppelkopf, Hand, Spielen


Mein Name ist Elena Gombrowski. Ich bin die Frau von Rudolf Gombrowski und die Mutter unserer Tochter Püppi. Und das scheint auch schon alles zu sein, woraus mein Leben besteht.
Eine glückliche Ehe hatte ich nie gehabt, das einzige, was mir von dem gemeinsamen Leben mit meinem Mann geblieben zu sein scheint, ist die Angst vor ihm. Nicht einmal das von ihm vorbereitete Frühstück im Bett konnte ich genießen, ich erinnere mich nur an seinen auffordernden Blick und wie mein Körper von Kopf bis Fuß bebte. Aber jetzt muss ich Gombrowski eigentlich nicht mehr fürchten, denn das Alter scheint ihn beruhigt zu haben. Er hat nun auch eine zärtliche Seite entwickelt, auch wenn diese weder mir noch Püppi gegenüber gezeigt wird, denn die Zärtlichkeit bekommt nur seine Hündin Fidi zu spüren. Sie sieht auch so aus wie er, vielleicht liegt es daran. Jedenfalls muss ich zugeben, dass ich kein Geschrei und auch keine Gewalt ertragen kann, denn ich war ihr zu lange ausgesetzt. Ich bin ein Auffangbecken für böse Worte und rüde Gesten, aber das ist mir tatsächlich egal, ich habe diese Entwicklung in Kauf genommen, um Püppi zu schützen. Denn jeder Schlag, der mich traf, der verschonte meine Tochter. Ich bin nur glücklich, dass sie nun weit weg ist. Und auch wenn ich nie wieder etwas von ihr hören würde - ich bin dankbar für jeden Kilometer, welcher sie von Unterleuten trennt. Denn auch heute noch höre ich ein kleines Mädchen hinter mir weinen, sobald mein Mann wütend wird.
Gombrowski ist und bleibt eine tickende Zeitbombe. Aber nur für mich, denn trotzdem besucht Hilde ihn in einem regelmäßigen Rhythmus, wenn ich nachmittags zum Doppelkopf im Frauenklub verabredet bin. Im Grunde habe ich nichts dagegen, dass er seit Eriks Tod für Hildes Unterhalt aufkommt. Ich will nur nicht wissen, wieso er das tut und ich möchte Hilde auch nicht sehen. Aber ich dulde Ihre Existenz und darauf scheint das komplette Fundament meiner Ehe zu basieren – obwohl ich gerne eine kompetente Gesprächspartnerin für meinem Mann wäre, sodass er nicht bei Hilde Zuflucht suchen müsste. Das Problem ist, ich verstehe ja, wovon Gombrowski redet, aber mein Körper macht sich selbständig und nickt einfach nur, wenn ich zustimmen soll oder wippt bekümmert, wenn es ein Problem gibt. Sobald andere Klatschen, tue ich dies auch. Ich fühle mich wie von einem Zentralkomitee gesteuert und doch kann ich nichts dagegen unternehmen, vor Angst, dass er mir sein schweres, weiches Gesicht zuwendet und mich ärgerlich ansieht. Deswegen bleibe ich meist einfach still. Aber mein Schweigen hat einen vorwurfsvollen Klang, denn ich mir nicht abgewöhnen kann. Wenn ich mich aufrichte, verlangt mein Körper, sich gleich wieder wegzuducken.
Das ist es, wer ich bin. Ich weiß, dass ich ein sehr in mich gekehrter Mensch bin und Unterleuten weiß dies auch. Und deswegen weiß ich auch, dass, wenn es heißt, „Bei Gombrowskis hängt der Haussegen schief“, nicht ich und mein Mann gemeint werden, sondern mein Mann und Arne – der Bürgermeister. Als Gombrowski angesehen werde ich also nicht.

1 Kommentar:

Arne Seidel hat gesagt…

Aber Elena! Natürlich bist du eine Gombrowski! Du bist ein wichtiges Mitglied unserer Gemeinde.

Figurenkonstellation